Wasserprivatisierung zerstört Lebensgrundlagen

Ein Drittel unserer Erde ist von Wasser bedeckt. Aber nur 3 % davon sind Grund- und Oberflächenwasser, welches die wichtigsten Quellen für unser Trinkwasser sind. Der Bevölkerungswachstum und die wirtschaftliche Entwicklung haben eine global steigende Nachfrage zur Folge. 

Was ist Wasserprivatisierung?

Privatisierung bedeutet, dass das Trinkwasser in die Hände von Unternehmen und Firmen gegeben wird. Die Wasserversorgung wird also nicht mehr öffentlich finanziert, sondern Wasserwerke werden an private Unternehmen verkauft. Es handelt sich dabei nicht nur um Trinkwasser, sondern auch um die Klär- und Sanitätsanlagen. 

Wem nützt die Privatisierung und wem nicht?

Qualität

Kunden zahlen nur für gutes bzw. sauberes Wasser. Daher muss das Trinkwasser gut gereinigt werden und das Trinkwassernetzwerk ausgebaut oder regelmäßig saniert. Rohre werden neu verlegt oder ausgewechselt und die Konzerne müssen Verbrauchern garantieren, dass das Wasser zu jeder Zeit einwandfrei läuft. 

Doch wie sieht es aus in der Realität? Private Unternehmen sind oft nicht bereit teure Investitionen in Infrastruktureinrichtungen vorzunehmen. Langfristig geht das zu Lasten der Wasserqualität und schadet den Menschen, die das Wasser trinken. Beispielsweise Anfang der 1990er Jahre in Subsahara-Afrika. Um die dort fortschreitende Wasserkrise aufzuhalten, setzten einige Regierungen, der dort ansässigen Staaten auf die Privatisierung des Wassers. Sie hofften so auf eine verbesserte Wasserversorgung und einen besseren Zugang zu Trinkwasser. Doch sie erreichten das Gegenteil. Die Wasserpreise stiegen, was den Zugang zu sauberem Trinkwasser für die Ärmeren der Gesellschaft fast unmöglich machte.

Zugang zu Wasser

2010 hat die UNO das Recht auf Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht festgelegt. Demnach hat jeder Mensch ein Recht auf Wasser, egal ob man es sich leisten kann oder nicht. Privatisierung bringt dieses Recht in Gefahr. Denn dünn besiedelte Regionen oder Regionen mit Wassermangel sind unprofitabel und damit für private Unternehmen uninteressant. Beispielsweise wurde in Bolivien vor 20 Jahren in der Region Cochabamba das Wasser privatisiert. Es gab in den Verträgen keine Klausel, die die privaten Unternehmen verpflichtete, ländliche Gebiete zu versorgen. Die Bevölkerung sollte daher zur Benutzung von Brunnen Gebühren bezahlen. Gleichzeitig untersagten die privaten Firmen, nach Wasser zu graben. Und auch das Sammeln von Regenwasser wurde als Straftat eingestuft.

Wirtschaft

Immerhin: Kein Tropfen Wasser geht verloren. Wasser zu verschwenden, würde für Unternehmen verlorenes Geld bedeuten. Aber: Sobald Wasser privatisiert wird, ist es ein Lebensmittel. Dieses müssen die Konsumierenden kaufen und das setzt voraus, dass sie es sich leisten können. Die Folge von Privatisierung war oftmals ein starker Anstieg der Preise von Wasser und Abwasser – teilweise um 400 % in wenigen Jahren. Es gibt dann also keinen kostenlosen bzw. kostengünstigen Zugang mehr zu Wasser. 

In der Provinz Kwazulu-Natal in Südafrika etwa konnten Anfang der 2000er Jahre lokale Gemeinden die Wassergebühren eines privaten Wasserversorgers nicht mehr bezahlen. Daraufhin schnitt ihnen dieser die Wasserversorgung ab. Als Folge starben mehr als 100.000 Menschen an Cholera, da sie verunreinigtes Wasser trinken mussten. 

In Manila auf den Philippinen wurde in den 1990er Jahren Wasser privatisiert. U.a. mit dem Ziel, Leitungssysteme zu sanieren. Dann in privater Hand stieg der Preis um knapp 700 %. Nun konnte sich ein Großteil der Bevölkerung das Trinkwasser nicht mehr leisten und musste auf verschmutztes Wasser zurückgreifen. Die Folge war eine Choleraepidemie.

Was hat Nestlé damit zu tun?

Nestlé ist einer der größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt. Jährlich macht er sieben Milliarden Euro Umsatz mit seinem Wassergeschäft und ist somit Weltmarktführer, wenn es um Trinkwasser geht. Das Prinzip ist einfach: Nestlé kauft zu einem niedrigen Preis Quellen und verkaufen das abgezapfte Wasser zu einem hohen Preis weiter. Die steigende Entnahme von Wasser kann darüber hinaus zu Schäden an der Natur führen. Wie zum Beispiel in Vittel, einem kleinen Dorf in Frankreich. Jedes Jahr werden dort eine Milliarde Liter Wasser abgefüllt. Der Grundwasserspiegel sinkt dadurch jedes Jahr um knapp 30 cm und die Gegend trocknet langsam aus.  Die Bevölkerung leidet zum einen durch starke Dürreperioden und zum anderen durch fehlendes Trinkwasser. 

Und trotzdem kann sich das Dorf nicht wirklich wehren. Denn die Fabrik hat tausend Mitarbeitende, die ihren Job verlieren würden, wenn Nestlé sich zurückzieht.

Fazit: Theoretisch keine schlechte Idee

In der Theorie ist Privatisierung keine schlechte Idee, denn es bringt Kommunen, wenn auch nur kurzfristig, Geld ein. Gleichzeitig garantieren Unternehmen einen qualitativen Anstieg und besseren Zugang zu Trinkwasser. Doch das Problem liegt oftmals in der Umsetzung. Das gilt vor allem in Ländern des Globalen Südens.

Ein Lösungsansatz, der teilweise schon praktiziert wird, besteht in einer Partnerschaft zwischen einer Kommunen und einem privaten Unternehmen. Die privaten Unternehmen sorgen für eine gewisse Qualität des Trinkwassers und die Versorgung der ansässigen Gemeinschaft. Die Kommunen kontrollieren diese Aufgaben.

Text: Elena Lindenberg


Quellen:

  • https://www.solidarwerkstatt.at/arbeit-wirtschaft/auswirkungen-und-hintergrnde-der-wasserprivatisierung
  • https://uni.de/redaktion/privatisierung-wasser
  • https://praxistipps.focus.de/trinkwasser-privatisierung-was-sie-darueber-wissen-sollten_106125
  • https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.wasserversorgung-in-stuttgart-stuttgart-kaempft-um-das-leitungsnetz.d49bb9b0-1e96-4ef4-bbc0-6216408dfe0f.html
  • https://www.swr.de/odysso/wie-aus-wasser-geld-wird/-/id=1046894/did=15037312/nid=1046894/glelc3/index.html
  • https://praxistipps.focus.de/trinkwasser-privatisierung-was-sie-darueber-wissen-sollten_106125 
  • https://linkezeitung.de/2018/03/22/die-privatisierung-von-wasser-und-die-verarmung-des-globalen-suedens/
  • http://www.gesichter-afrikas.de/rohstoffe-ressourcen-in-afrika/wasser/wasserprivatisierung.html
  • https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/schwere-epidemie-cholera-toetet-mehr-als-2000-menschen-in-afrika-a-791169.html
  • https://www.zdf.de/politik/frontal-21/wem-gehoert-das-wasser-vom-19-januar-2020-100.html
  • https://www.swr.de/odysso/wie-aus-wasser-geld-wird/-/id=1046894/did=15037312/nid=1046894/glelc3/index.html
  • https://po.neopresse.com/die-geldquelle-das-milliardengeschaft-mit-dem-wasser/
  • https://www.zeitenschrift.com/artikel/wasserprivatisierung-der-krieg-ums-wasser
  • https://www.deutschlandfunk.de/wasserprivatisierung-in-entwicklungslaendern.697.de.html?dram:article_id=73871
  • Private Wasserversorgung – Wikipedia
  • https://www.derstoryteller.de/stoppt-nestle-bei-der-privatisierung-der-wasserversorgung
  • http://www.wasser-wissen.org/der-nestle-wasser-skandal/
  • https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/nestle-vittel-wasser-100.html
  • https://www.nestle.de/frag-nestle/wasser/lobbyarbeit-privatisierung-wasser

Foto: suju, Pixabay

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