Politik & Gesellschaft
CO2-Steuer – Wie funktioniert das?
Oder: Wie lässt sich Klimaschädlichkeit in Geld übertragen?
Es ist einfach nur mega gut, was Ihr mit Euren Freitags-Demos geschafft habt. Allein durch Eure Präsenz auf der Straße schenkt die Politik der Wissenschaft in Sachen Klimafragen Gehör. D.h., die Politik lässt sich heute ganz offiziell von den führenden Klima-Forschern des Landes beraten. So zum Beispiel von Regierungs-Berater Ottmar Edenhoffer.
Edenhoffer ist Leiter des Potsdamer Institute for Climate Impact Research (kurz: PIK). Er hat zusammen mit dem Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen das Sondergutachten „Aufbruch zu einer neuen Klimapolitik“ erarbeitet. Und der Regierung vor- und nahegelegt. Darin ist ausführlich beschrieben,
- warum es einen CO2-Preis geben muss.
- wie ein CO2-Preis aussehen sollte.
- wie ein CO2-Preis sozial gerecht wird.
- warum ein CO2-Preis nicht der Wirtschaft schadet.
- dass der CO2-Preis das zentrale Instrument der Klimapolitik sein muss, aber nicht alleine kann.
Eine weitere Wissenschaftlerin hat das Thema CO2-Bepreisung einfach und verständlich in einem Video aufbereitet. Mai Thi Nguyen-Kim, Klimawandel: Das ist jetzt zu tun! (feat. Rezo), 26.18 Min. Hierin erklärt die für die ARD tätige Mai das im Sondergutachten vorgestellte Modell zur Einführung der CO2-Bepreisung. Unterstützung erfährt sie dabei von
- oben genanntem Ottmar Edenhoffer
- Klaus vom youtube Kanal „Joule • Energiewende und Nachhaltigkeit“
- Rezo
Im folgenden findest Du eine Zusammenfassung von Mai This Video.
Brauchen wir einen CO2-Preis?
Ja, denn wir können nicht erkennen, wie viel CO2 in jedem einzelnen Produkt steckt. Mit einem sinnvollen CO2-Preis würden die Verkaufspreise etwa im Supermarkt den CO2-Gehalt widerspiegeln. Preisbewusste Menschen würden automatisch zu regionalen Produkten greifen und an der Kasse weniger bezahlen.
Wie funktioniert das mit der CO2-Bepreisung?
Möglichkeit 1: CO2-Steuer
Die Regierung legt den CO2-Preis fest für Kohle, Öl und Gas. Die drei Produkte haben den Vorteil, dass der CO2-Gehalt sehr genau bekannt ist. Das hat zwei Effekte:
-
Wird für ein Unternehmen der CO2-Ausstoß teurer, so werden auch dessen Produkte teurer.
Dadurch entsteht ein Marktnachteil gegenüber Unternehmen, die schon heute CO2-arm produzieren. - Es wird also für die Unternehmen finanziell reizvoll, ihren CO2-Verbrauch zu reduzieren – also klimafreundlicher zu werden. Die Produkte können dann wieder zu einem geringeren Preis angeboten werden.
Möglichkeit 2: Emissionshandel
Hierbei wird die Menge an CO2 festgelegt, die Unternehmen verursachen dürfen. Diese CO2-Menge wird unter den Unternehmen aufgeteilt. D.h. sie können zu einem bestimmten Preis eine bestimmte Menge CO2-Zertifikate erwerben. Reduziert ein Unternehmen seinen CO2-Ausstoß, so kann es seine übrigen Zertifikate verkaufen. Die CO2-Menge, die den Unternehmen zur Verfügung steht, wird von Jahr zu Jahr kleiner. Und der Preis pro Zertifikat höher. Der Anreiz für Unternehmen klimafreundlicher zu werden, steigt also von Jahr zu Jahr.
Solch ein Emissionshandel besteht bereits EU-weit für die Sektoren Strom (2005), energieintensive Industrien wie Papier, Zement und Eisen (2005) und Luftverkehr (2012). Problem dieser Emissionshandel aber ist die viel zu geringe CO2-Bepreisung – die Klima-Ziele von 2030, wenn sich nichts Gravierendes ändert, sind damit unerreichbar. Zudem fehlen auf EU-Ebene die Sektoren Verkehr und Gebäude. Diese würden mit einem adäquaten CO2-Preis für Kohle, Öl und Gas abgedeckt werden.
Wie lässt sich ein CO2-Preis fair gestalten?
Proportional zum Einkommen berechnet, trifft ein CO2-Preis Niedrigverdiener*innen am härtesten. Mit Mai This Worten: „Wenn man gerade so über die Runden kommt, ist es verständlich, wenn man eine Erhöhung von Lebenshaltungskosten ziemlich Scheiße findet. Beispiel Frankreich: Gelbwesten.“
Der Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen schlägt daher einen ganz einfach gestalteten Ausgleich vor: die Klimadividende. Der Staat zahlt den Bürger*innen das durch die CO2-Bepreisung eingenommene Geld vollständig zurück. Dazu teilt er die Gesamtsumme durch die Anzahl der Bürger. Jede*r bekäme also die gleiche Menge Geld zurück. Das hätte die Vorteile:
- Einkommensschwache Haushalte bekommen proportional zum Einkommen weit mehr Geld zurück. Das liegt daran, dass sie in der Regel weniger CO2 verbrauchen.
- Es gäbe für alle einen finanziellen Anreiz, CO2 einzusparen. Bislang bedeutete klimafreundlich zu leben meist, mehr Geld aufwenden zu müssen.
Schadet ein CO2-Preis der Wirtschaft?
Das sagt die Wissenschaft in Form von Ottmar Edenhofer: „Im Gegenteil. Wir wissen: Der ungebremste Klimawandel richtet einen höheren Schäden an, als das was wir heute aufwenden müssten, um die CO2-Emissionen zu reduzieren.“
Trotzdem ist klar: Klimaschutz funktioniert nur global. Daher muss sich unsere Regierung auf der politischen Weltbühne stark machen für globale Maßnahmen. Regierung wie Unternehmen wissen aber auch: Wenn andere Länder besser darin sind, Anreize zu schaffen um zukünftige emissionsärmere Technologien zu entwickeln, dann werden diese Länder den Zukunftsmarkt dominieren. Deutschland war mal Vorreiter in Sachen Klimaschutz. Im Klimaschutz-Index 2019 liegt es nur noch auf Rang 27.
Reicht ein CO2-Preis als Klimaschutzmaßnahme?
Nein! Eine CO2-Bepreisung allein reicht nicht aus. Wir brauchen z.B. mehr Verkehrsraum für Radfahrer und den Ausbau des emissionsarmen öffentlichen Nahverkehrs und der Wärmenetze. Und natürlich technologische Innovationen wie eine klimaneutrale Stahlerzeugung.
Darum sind du und Fridays for Future so wichtig
Ob als Influencer*in oder auf Fridays for Future: Du hast der Wissenschaft Gehör verschafft. Die Regierung hat reagiert und am 20. September 2019 – am Tag des weltweiten Klimastreiks – die Einführung einer CO2-Steuer vorgeschlagen. Leider blieb sie in Bezug auf die Höhe des Preises weit unter den Erwartungen der wissenschaftlichen Expert*innen. Diese schlugen einen Mindestpreis von 50 Euro je Tonne CO2 vor. Das Klimapaket des Klimakabinetts der Bundesregierung sieht die Tonne CO2 bei 10 Euro.
Für die wissenschaftlichen Berater*innen ist das ein Schlag ins Gesicht. Sie sind daher unbedingt weiter auf Deine Unterstützung angewiesen. Denn große Veränderungen können nur politische Maßnahmen bringen. Aber – und das ist unsere Chance – die wenigsten Politiker*innen werden eine Entscheidung treffen, von der sie glauben, dass sie bei ihren Wählerinnen und Wählern unbeliebt ist.
Deine Meinung zählt