Politik & Gesellschaft
Corona-Jahr 2020: Windkraft toppt Kohle!
46,2 % Erneuerbare Energien beim Strom! Klimaziel erreicht! – Ein Grund zu feiern?
2020 liegen die Treibhausgasemissionen in Deutschlands 42,3 % unter denen von 1990. 40 % waren das Ziel. Wir liegen also satte 2,3 % darüber. Doch hätten wir die Vorgaben des Pariser Klima-Abkommens auch ohne Corona erreicht? Die traurige Nachricht: Nein – die Party fällt aus!
Das gemeinnützige Unternehmen Agora Energiewende veröffentlichte am 5. Januar 2021 ihre Klima-Abschätzungen für das Corona-Jahr 2020. Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sanken demnach um über 80 Millionen Tonnen CO2 auf rund 722 Millionen Tonnen. Zwei Drittel dieser Minderung sind Corona-Effekte. Ohne Corona hätte der Rückgang bei etwa 25 Millionen Tonnen gelegen. Die Emissionsminderung gegenüber 1990 hätte dann 37,8 % betragen.
Immerhin: Erneuerbare Energien und Gas ersetzen Kohle
„Echte Klimaschutzeffekte hat es 2020 nur im Stromsektor gegeben, denn hier geht die CO2-Minderung auf den Ersatz von Kohle durch Gas und Erneuerbare Energien zurück“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
Stromverbrauch: Im Corona-Jahr 2020 erreichten die Erneuerbaren Energien einen Anteil von 46,2 %. Das ist ein Plus von 3,8 % gegenüber dem Vorjahr. Aber durch Corona ist die Stromnachfrage in Deutschland um 3,6 Prozent gesunken. Stromnachfrage hätte der Anteil Erneuerbarer Energien im Jahr 2020 nur bei 44,6 Prozent gelegen.
2020: viel Wind und viel Sonne
Das Plus bei den Erneuerbaren Energien geht zu zwei Dritteln auf ein gutes Windjahr sowie auf eine gestiegene Produktion von Windkraft auf See zurück. Zu einem Drittel auf die Photovoltaik. Diese profitierte sowohl von einem guten Solarjahr als auch von einem Zubau in Höhe von 4,4 Gigawatt im Jahr 2020. Mit einer Produktion von 51 Terawattstunden Strom lieferte Solarenergie erstmals mehr Strom als die Steinkohle (42,5 Terawattstunden). Der Ausbau der Windenergie verharrte hingegen 2020 auf niedrigem Niveau und trug somit kaum zum Wachstum der Erneuerbaren Energien bei.
2030: dreifache Windkraft und doppelte Sonnenenergie
„Der Zuwachs bei den Erneuerbaren Energien mit nur 12 Terawattstunden liegt aufgrund der Krise bei der Windkraft deutlich unter dem Schnitt der letzten Jahre. Das reicht bei weitem nicht aus, damit Deutschland seine Klimaziele für 2030 erreicht“, sagt Graichen. „Hierzu muss der Ausbau bei der Windkraft verdreifacht und beim Solarstrom verdoppelt werden.
Kohlestrom sinkt um 50 % gegenüber 2015
Der Einbruch bei den konventionellen Kraftwerken geht zum Großteil zu Lasten der Kohleverstromung. Sie war an vielen Stunden des Jahres nicht konkurrenzfähig. Gründe sind:
- die Kosten für CO2-Zertifikate
- geringere Stromnachfrage
- gesunkene Stromexporte
- Kostenvorteile von Gaskraftwerken
2020 lieferten Braunkohlekraftwerke 22,3 Terawattstunden weniger als 2019 (-19,6 Prozent), Steinkohlekraftwerke verloren 15 Terawattstunden (-26,1 Prozent). Die Kohleverstromung hat sich damit seit 2015 mehr als halbiert. Kernkraftwerke verloren im Jahr 2020 wegen der Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg 2 infolge des Atomausstiegs 10,8 Terawattstunden (-14,4 Prozent). Lediglich Erdgaskraftwerke produzierten geringfügig mehr Strom als im Vorjahr (+1,1 Terawattstunden), da sie sowohl von günstigen Erdgaspreisen profitierten als auch von ihrem verglichen mit Kohlekraftwerken geringerem CO2-Ausstoß.
Corona-Jahr 2020: Fazit fürs Klima
„Verkehr und Industrie werden wieder mehr Treibhausgase ausstoßen, sobald die Wirtschaft wieder anzieht. Und auch in der Energiewirtschaft könnte der Stromverbrauch 2021 stärker steigen als der Zuwachs an Erneuerbaren Energien. Für 2021 rechnen wir daher in Summe mit mehr Emissionen. Nur durch schnelles klimapolitisches Handeln kann man dem entgegensteuern“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende.
Die komplette Studie „Die Energiewende im Corona-Jahr: Stand der Dinge 2020“ steht für Dich unter www.agora-energiewende.de zum kostenfreien Download bereit.
Bild: MichaelGaida, Pixabay
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