Politik & Gesellschaft
Die Wüste aufhalten
Mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zu einer Großen Grünen Wand
Die Sahara ist nach Arktis und Antarktis die größte Wüste der Welt. Mit einer Fläche von 9,2 Millionen km2 ist sie fast so groß wie Europa. Und sie breitet sich weiter aus. 2007 beschließt die Afrikanische Union, ein Zusammenschluss der 11 Staaten der Sahelzone im Süden der Sahara, der Verwüstung (Desertifikation) entgegenzuwirken. Einmal quer durch den Kontinent – vom Senegal (Westküste) bis Dschibuti (Ostküste) – soll bis 2030 ein 15 Kilometer breiter, mit Bäumen bepflanzter, renaturierter Streifen entstehen.
Eine Zone der Konflikte
Ziel der Renaturierung ist es, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der trockenen Gebiete der Sahel-Zone in ihrer Heimat bleiben können und dort eine Zukunft haben. Vor allem auch die Jüngeren, denen die Not, in Städte, in Nachbarländer, nach Europa oder in den Nahen Osten zu migrieren, genommen wird. Denn durch den Vormarsch der Wüste fehlt Lebensraum für die in der Region stark anwachsende Bevölkerung und es kommt zu gewaltsamen Konflikten. Die Hälfte der 100 Millionen Hektar Land, die in der Kernzone bebäumt werden sollten, ist aktuell nicht bewirtschaftbar, aufgrund von Terrorismus und soziale Unruhen.
4 % der GGW stehen – umdenken und Ärmel hoch
Bis heute sind 4 Millionen Hektar der Great Green Wall in der Kernzone wiederbegrünt. Das sind gerade einmal 4 %. Die Mauer wächst viel zu langsam, um die Sahara aufzuhalten. Neben den Konflikten und den in der Sahelzone krassen Auswirkungen des Klimawandels – die Temperatur steigt 1,5 x schneller als der Anstieg des globalen Mittels – liegt die Überlebensrate der bereits geleisteten Anpflanzungen nur bei 40 %. Die Pflanzen werden oftmals nicht gepflegt und gehen ein.
Mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zum Ziel
Aus den Rückschlägen lässt sich aber ein erfolgsversprechendes Vorgehen ermitteln. Anders als bei uns, wo landwirtschaftliche Betriebe immer größer werden, wird die Sahalzone von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bewirtschaftet. Dabei handelt es sich um Menschen, die seit Generationen dasselbe Land pflegen. Sie verfügen über ein enormes Wissen, wie der Boden, auf dem sie leben, nachhaltig bewirtschaftet und wie selbst das trockene Wüstenland wieder begrünt werden kann. Dazu kombinieren sie die Nahrungsproduktion mit der Wiederherstellung von Wäldern (Agroforst). Zudem sind sie für ihr Land – ihre Lebensgrundlage – verantwortlich und pflegen die Setzlinge.
Daraus ergibt sich ein vielversprechender Ansatz für die Entwicklungszusammenarbeit. Der Austausch mit und die Unterstützung von Kleinbäuerinnen und -bauern wird zwar nicht zu einer lückenlosen grünen Mauer führen, aber zu einem immer dichter werden Mosaik aus grünen Oasen.
Warum ist das Projekt GGW so wichtig?
Die Große Grüne Wand – wenn auch zunächst löchrig – wird durch seine Bewohner*innen selbst in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern weitergetragen. Niemand ist besser dafür geeignet und höher motiviert. Ihr Ziel ist es, selbstbestimmt und eigenverantwortlich wirtschaften und leben zu können. Aufgrund der entstehenden Nutzflächen werden Konflikte zurückgehen. Junge Menschen werden nicht mehr zur Abwanderung gezwungen sein, sie haben eine Zukunft in der Mitte ihrer Familie. Und nicht zuletzt profitiert die Umwelt: Durch Monokulturen und Brandrodung verwüstete Flächen werden renaturiert und die Great Green Wall wird 250 Millionen Tonnen Kohlendioxid binden können.
Weiterführende Links
- Chris Reij, Nick Pasiecznik: Die große grüne Mauer braucht dringend eine Version 2.0, Welternährung, 06/2021
- Julian Hilgers, Dunja Sadaqi: Die Vision einer grünen Sahelzone, Deutschlandfunk Kultur, 06.07.2020
- Silja Fröhlich: Wie steht es um Afrikas grüne Mauer?, DW, 2020
- The great Green Wall: Implementation status and way ahead to 2030, 07.09.2020
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The great Green Wall: News and storys
Text: Dirk Klaiber
Bild: DEZALB, Pixabay
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