Fluchtursachen

Sind Menschen in Deutschland eine Fluchtursache?

Im Jahr 2015 wurden laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 1,1 Millionen Asylsuchende in Deutschland registriert. Ein Großteil davon, knapp 500.000 Menschen, stammt aus Syrien. Mit Afghanistan, dem Irak und Somalia gehört Syrien zu den Hauptherkunftsländern der Flüchtenden. Die Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen, sind vielfältig und komplex. Die meisten fliehen vor Krieg, Armut und Hunger. Jedes Land ist von anderen Ereignissen und Entwicklungen geprägt, die tieferen Ursachen haben jedoch überall ähnliche Muster. In Syrien ist aus der Hoffnung auf eine Veränderung im Land ein Bürgerkrieg geworden. Was mit friedlichen Demonstrationen der Bevölkerung begann, wurde von Präsident Assad und seinen Truppen gewaltsam unterdrückt. Hinzu kamen zunehmende Armut, insbesondere in den ländlichen Gegenden, sowie ethnische und konfessionelle Konflikte. 2008, im Jahr der großen Dürre, flohen in Syrien etwa 1,5 Millionen Menschen von den ländlichen Gebieten in die Städte. Dort kam es schließlich zu Aufständen.

Darüber hinaus wird eine weitere Fluchtursache diskutiert, mit der wir weitaus mehr zu tun haben, als uns bewusst ist. Seit Jahren diskutieren Forscherinnen und Forscher den Wassermangel als Ursache für Konflikte und Kriege. Gleichzeitig warnt der Weltklimarat (IPCC) in seinem 2014 veröffentlichten Bericht vor einer Zunahme von Trockenheit und Dürre, sollte der weltweite CO₂-Ausstoß weiterhin ansteigen. Setzt man diese Erkenntnisse in Verbindung zueinander, müssen wir uns die Frage stellen, inwieweit wir eine Mitverantwortung an der Situation der Menschen in Syrien und anderen Kriegsgebieten haben. Sicherlich gibt es nie nur eine Ursache für einen Krieg.

Dennoch ist es lohnenswert, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass unsere Emissionen, die wir in Deutschland beispielsweise durch Stromerzeugung oder Flugreisen verursachen, zu Erderwärmung und somit zu Dürre in anderen Ländern führen. Aus der Dürre folgt wiederum Wasser- und Nahrungsmangel, was in einen Konflikt um knappe Ressourcen enden kann. Die Konsequenz der daraus resultierenden Armut und Ungerechtigkeit ist Krieg, womit wir wieder bei den Fluchtursachen angekommen sind. Es wäre naiv zu glauben, dass wir durch die Reduzierung unserer CO₂-Emission den Krieg beseitigen und Weltfrieden erreichen könnten. Gleichzeitig ist es leichtsinnig, die Zusammenhänge zwischen unserem Lebensstil und der Situation der Flüchtlinge zu kennen und nichts dagegen zu tun.

Neben der Unterstützung vor Ort in Deutschland, die wir den bereits angekommenen Flüchtlingen geben können, geht es im nächsten Schritt darum, die Fluchtursachen in den Griff zu bekommen. Pro Kopf und Jahr produzieren wir Deutschen durchschnittlich etwa neun Tonnen CO₂. Laut Weltklimarat dürften es nicht mehr als zwei Tonnen sein. Warum also nicht dort anfangen, wo unser Handlungsspielraum am größten ist? Wie das gelebt werden kann? Weniger Flüge, mehr Ausflüge mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Fahrrad. Weniger Erdöl und Kohle, mehr nachwachsende Rohstoffe. Weniger Importware, mehr regionale Produkte. Die Gratwanderung hierbei besteht zwischen der Vermeidung weiter Transportwege und der notwendigen Unterstützung der Wirtschaft in den Entwicklungsländern. Vor dieser Herausforderung stehen wir alle bei unserem alltäglichen Handeln. Konkret könnte das die Entscheidung gegen die Erdbeeren aus Spanien im Februar und für den fair gehandelten Kakao aus Bolivien bedeuten. Zusammengefasst also weniger Unklarheit und mehr Bewusstsein für globale Zusammenhänge.

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